Stefanie Adamczyk Journalistin

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Insel im Sturm

Als sich die Nacht schließlich mit ihrer Dunkelheit über Carriacou legt und die Tagesgäste längst wieder zurück in Grenada sind, stehen zwei dieser Aussteiger auf der Dachterrasse über „Ade's Supermarket“ und blicken auf das nun fast wieder schwarze Meer. Für ein paar Nächte werden sie Gäste in „Ade's Dream“ sein, dem kleinen Hotel, das zum Supermarkt gehört. 23 Zimmer in einfachster Ausstattung hat es, doch damit ist der massive Steinbau in Blassgelb schon so ziemlich das gewaltigste Haus der Insel.

Die zwei Aussteiger auf der Terrasse sind mit Rucksäcken von Karibikinsel zu Karibikinsel unterwegs und können nicht fassen, wo sie nun gestrandet sind. Sie stehen da, blicken aufs Meer und sagen lange kein Wort. „Sie können Ihre Tür ruhig offen lassen“, hatte Ade den Österreichern bei der Schlüsselübergabe gesagt. „Die Menschen auf Carriacou tun nichts Böses. Sie helfen nur.“

Und einer der beiden Gäste meint jetzt, als er die dunkle Straße hinunter zum Strand schaut: „Ich habe wirklich das Gefühl, ich könnte meinen Rucksack irgendwo da unten hinstellen und er wäre morgen noch da.“

Auch wenn dieses Experiment letztlich ausblieb, bleibt doch das Gefühl, dass es stimmen könnte. Der Großteil der Insel schläft noch, als die, die wieder fortmüssen, am nächsten Morgen in der Dämmerung die Sechs-Uhr-Fähre besteigen und in Richtung Grenada ablegen.

Langsam wird für sie die violette Silhouette kleiner und kleiner; bis die Sonne das Meer und den Strand in voller Pracht ausleuchtet, wird Carriacou längst wieder zu einer Perle zusammengeschrumpft sein. Und auch wenn die Wellen das Schiff auf der Rückfahrt viel sanfter schaukeln lassen als auf der Hinfahrt, fällt sie doch schwerer.



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